Der Salzbrand – Experimentalbetrieb eines holzbefeuerten Kannenofens

von Arthur Müller

Funktionsschema des Kannenofens des Instituts für Künsterlerische Keramik in Höhr-Grenzhausen. Zeichung: IKK, Höhr-GrenzhausenNachdem man zwischen ca. 1250 und 1300 die Kunst erlernt hatte, Steinzeug mit einem dichten, gesinterten Scherben bei einer Brenntemperatur von ca. 1250° C herzustellen, wurde es wegen seiner guten Verwendbarkeit als Trinkgeschirr und zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten innerhalb kurzer Zeit ein beliebtes Massenprodukt. Im 15./16 Jahrhundert finden sich die ersten salzglasierten Keramiken im Raum Köln, Frechen und Siegburg, fast zeitgleich auch in Raeren, um 1600 ebenfalls im Westerwald. Die Salzglasur ist als einziger deutscher Beitrag zur originären Entdeckung und Entwicklung eines Glasurtypus auf internationaler Ebene belegt. Krüge aus dem 15. Jahrhundert belegen sogar eine tief rotorange gefärbte Salzglasur, wie sie in der modernen Salzglasur-Szene unserer Tage seit Jahren wieder beliebt ist.

Der traditionelle Salzbrandofen des Instituts für Künstlerische Keramik in Höhr-Grenzhausen stammt aus dem Jahre 1932 und dient dem Lehrkörper zu Lehr- und Forschungszwecken. Es ist ein Ofentypus, der über Jahrhunderte hin gleich geblieben und mit dem sogenannten Kasseler Ofen vergleichbar ist, jedoch mit dem Unterschied, dass der Westerwälder Salzbrandofen keine gesammelte Rauchgasabführung über einen Schornstein besitzt, sondern dies über mehrere (beim Institutsofen 21) Zugöffnungen in der Decke geschieht. Diese Öffnungen dienen am Ende des Brandes gleichzeitig als Salzlöcher. Das gesamte Ofengewölbe ist bis auf einen kleinen Teil im Deckenbereich mit Bruchsteinen (Natursteinplatten) aufgemauert, die einen hohen Wärmedurchgang haben. Auf dieses Mauerwerk ist ursprünglich eine feuerseitige, etwa 10 cm starke Dämmschicht aus einer Mischung von Steinzeugton, Sand und Stroh aufgebracht. Die Innenmaße des Ofens betragen in der Länge 4,60 m, in der Breite zwischen 1,45 m und 1,10 m und in der Höhe zwischen 1,80 m und 1,50 m. Die Breiten- und Höhenmaße zeigen eine konisch verlaufende Innenform des Ofens mit einem Nutzvolumen von ca. 7 m3. Gefeuert wird über zwei Feuerungen mit 1 m langen Buchenholzscheiten. Die hier erzeugten langen Flammen strömen über 4 Flammengräben in den Ofenraum und durch den Besatz hindurch nach oben (oberzügige Flammenführung).

Blick ins Ofeninnere des Kannenofens des Instituts für Künstlerische Keramik. Foto: Arthur Müller, IKK, Höhr-GrenzhausenDies ist ein typischer Produktionsofen für die salzglasierte grau-blaue Steinzeugware gewesen, der am effektivsten und mit nur geringen Temperaturdifferenzen zu bren­nen ist, wenn er sehr dicht gesetzt wird, und die Flammengräben in entsprechenden Abständen mit feuerfestem Material abgedeckt werden.

Innerhalb des Studiums „Freie Kunst Keramik“ ist das gemeinsame Setzen, Brennen und Salzen dieses holzbefeuerten Ofens fester Bestandteil des Lehrinhaltes. In diesem Zusammenhang werden des Öfteren Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt eingeladen, ihre Keramiken unter diesen speziellen Brennbedingungen mitzubrennen. Meist sind dies Projekte mit wechselnden Themen wie z. B. „Großplastik aus dem Salzbrand“ oder „Porzellan aus dem Salzbrand“.

Die Brenndauer beträgt je nach Besatzdichte und Wetterverhältnissen ca. 36 Stunden, bei deren Endtemperatur von 1300° C zwischen 25 und 120 kg grobkörniges Kochsalz mit langen Löffeln in den Ofen eingebracht werden, je nachdem ob ein schwacher oder starker Salzglasuranflug angestrebt wird. Zuvor wird ab 900° C unter reduzierender Atmosphäre gebrannt. Nach dem 1 1/4-stündigen Salzen des Ofens wird er dicht verschlossen, um dann nach einer 4-tägigen Abkühlphase ausgesetzt zu werden. Dann folgen Tage der Besprechung der Ergebnisse, des Hinterfragens dieses oder jenes besonderen Effektes, um für den nächsten Brand eventuell ein weiteres noch unbekanntes künstlerisches Ausdrucksmittel hinsichtlich Glasur und Farbe näher zu erforschen.