Motive: Der Apostel Andreas aus Maulbronn

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Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Andreas in Arkade mit Putten mit Arma Christi, graphitiert, letztes Drittel 17. Jh., H. 22,5 cm, Br. 17,7 cm, Rastatt, Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Zentrales Funddepot, Inv.-Nr. 2015-035-055, urspr. Maulbronn, HerrendormentIm Jahre 2012 wurde bei der Untersuchung im Kloster Maulbronn ein beachtenswertes Konvolut von Ofenkeramiken geborgen. Die Fundstücke lagen in der Zwickelverfüllungen des Herrendorments.1 294 Fragmente konnten in FurnArch aufgenommen werden.2 Kacheln mit der Büste Kaiser Leopolds I. datieren die zumeist graphitierten oder dunkelbraun glasierten Fragmente in das letzte Drittel des 17. Jahrhunderts. 24 der Kachelreliefs können der oberrheinischen Apostelserie zugewiesen werden. Stellvertretend für diese soll die Blattkachel mit der stehenden Ganzfigur des Apostels Andreas an dieser Stelle einer genaueren Betrachtung unterzogen werden.

Die Oberfläche der 22,5 cm hohen und 17,7 cm Blattkachel konnte aus sieben anpassenden Fragmenten weitgehend vollständig wiederhergestellt werden. Lediglich die linke unter Ecke und Teile der Zwickelfelder fehlen. Die weiß behautetete Oberfläche des aus rot brennendem Ton bestehenden Vorsatzblatts trägt einen dünnen Graphitüberzug. Da die Kachel als Bauschutt in einem permanent trockenen Milieu entsorgt wurde, hat sich die Beschichtung sehr gut erhalten. Als die Kachel in den Ofenkörper eingebaut wurde, verstrich man mit dem dabei zum Einsatz kommenden Ofenlehm auch Teile der oberen rechten Ecke der Kachel. Das Material verteilte sich sogar auf reliefierte Bereiche des rechten Zwickels. Der Graphitüberzug, der nach dem Setzen aufgetragen wurde, überdeckte diese Teile des Bildfeldes.

Das Relief auf dem Vorsatzblatt der Blattkachel besteht aus einer rahmenden Arkade und einem Innenfeld mit stehender Ganzfigur. Ein zweifach getreppter Rahmen mit zur Mitte leicht einziehender Randleiste um­schließt die Rahmenarchitektur mit gedrücktem Segmentbogen. Die Postamente der beiden flankierenden Pfeiler sind mit Löwenköpfen besetzt. Auf ihnen stehen anstelle von Pfeilern zwei armlose Ganzfiguren. Sie sind dem Betrachter zugewandt. Ihr Haar ist mit einem Schleier bedeckt, den ein verziertes Stirnband auf Höhe der Schläfen zusammenhält. Ihre antikisie­rende Kleidung besteht aus einem kurzen Soldatenrock, der mit Lederlaschen, den Pteryges, besetzt ist. Darüber liegt ein Muskelpanzer. Anstelle der Arme erkennt man eine mit den Enden auf den Betrachter gerichtete, glatte Leiste, die den Rücken des Oberkörpers halbkreisförmig zu umfassen scheint. Der am Pektorale befestigte lange Soldatenmantel hängt in weiten, symmetrisch angeord­neten Bahnen zu beiden Seiten über Schulter und Rücken herab. Das Schuhwerk erinnert mit seiner Schnürung an die bis zu den Knöcheln reichenden römischen Schnürschuhe, die Carbatinae. Die Beine sind durch kreuzweise geschlungene Bänder fixiert. Die Kämpferzone über den Hermenköpfen setzt sich aus einem Architrav, einer schuppenbandbesetzten Frieszone und einem einfach getreppten Geison zusammen. Analog zur Ausbildung des Postaments ist die nach innen weisende Schmalseite der Gebälkzone in optischer Verkürzung wiedergegeben. Über dem Gebälk erhebt sich ein schmaler, bandförmiger Segmentbogen. Seine Laibung ist mit einer einfachen Perlstab­leiste unter einer weiteren, glatt belassenen Leiste deko­riert. Im Scheitelpunkt verdeckt eine Sonnenscheibe den Bogenverlauf. Das Gesims dient zudem als Auflager für zwei sitzende Putten in den Zwickelfeldern. Sie umgreifen mit einer Hand den Bogen und verleihen ihm zusätzliche Stabilität. Die unbekleideten Putten haben dreifach gefiederte Flügel. Der linke Putto hält als Attribut ein flaches, unverziertes Kreuz in seiner Rechten. Der rechte Putto umfasst mit seiner linken Hand die Klinge eines Kurzschwertes mit kugeligem Knauf, einer schräg umwickelten Handhabe und einer ausladenden Parierstange mit gegenständig eingerollten Enden. Kreuz und Schwert ragen weit in den umschließenden Rahmen hinein.

Das Innenfeld zeigt im Halbrelief eine leicht nach rechts gewendete, männliche Figur. Sie steht mit nackten Füßen auf einer zur Mitte ansteigenden Bodenstruktur, deren rechte Hälfte durch Grasbüschel in Form von eingedrückten Viertelkreisbögen belebt ist. Ihr entwächst am rechten Bildrand ein mit lanzettförmigen Blättern besetzter Strauch. Das Buschwerk wird teilweise von der Figur im Vordergrund verdeckt. Die rechte Seite der Bodenstruktur wird von einem glatten Sockel eingenommen. Ein ähnliches Podest mit scharrierter Stirnseite findet sich auf dem Innenfeld mit dem Apostel Petrus aus der gleichen Bildfolge. Am rechten Rand des Bildfelds erkennt man auf Höhe des Sockels eine nur im Anschnitt angedeutete Stadtvedute.

Im Spannungsverhältnis von Naturraum (li) und durch Menschenhand geprägter Landschaft (re) steht ein bärtiger Mann. Sein Körper verdeckt ein in den Bilddiagonalen angeordnetes Holzkreuz. An einem solchen grob zugerichteten Standkreuz in Form der crux decussata, auch als Andreaskreuz bezeichnet, erfuhr der Apostel sein Martyrium. Andreas, der ältere Bruder des Simon Petrus gehörte zusammen mit Paulus, Jacobus d. Ä. und Johannes Evangelista zu den ersten Jüngern Christi. Über der rechten Schulter der ganzfigurigen Aposteldarstellung liegt ein Umhang, der in Form einer von links oben ansetzenden, zweifach gefalteten Stoffbahn die Brust bedeckt. Als bestimmendes horizontales Element in der ansonsten auf die Vertikale ausgerichteten Faltenführung hebt es den Kopf hervor und verbindet die beiden oberen Balkenenden miteinander. Die gegürtete Tunika fällt auf der linken Seite in einer einfachen, breiten Faltenkaskade bis auf Fußhöhe herab. Die deutlich als Einzelelemente herausgestellten Falten betonen die schwere Stofflichkeit der Gewandung. Einen Gegensatz dazu bildet die kleinteilige Faltenführung im Bereich der Unterarme. Die Körperlichkeit von Andreas ist durch die auffallend breite Angabe der Faltenbahnen zurückgenommen. Damit lenkt der Künstler von der grotesk anmutenden, instabilen Fußhaltung des Apostels ab. Das leicht nach rechts gewendete Spielbein steht im Gegensatz zu dem nach links gedrehten Oberkörper. Die unnatürliche Haltung wird durch das Motiv des überkreuzten Kontraposts verstärkt, dessen Anordnung mit der Grundform des Märtyrerwerkzeugs korrespondiert. Wie bei Petrus überschneidet der Kopf den unteren Rand eines querovalen Nimbus. Kräftiges, gewelltes Haupthaar, dessen Strähnen sich mit dem langen Vollbart zu einer Einheit verbinden, umschließen das erstaunlich wirklichkeitsnahe modellierte Gesicht. Ausgeprägte Falten im Bereich der Nasenwurzel und eingefallene Wangen weisen das nach links blickende Antlitz als Gesicht eines alten Mannes aus. Links neben dem Kopf erkennt man die Ziffer 2. Die Inschrift auf der Kartusche in der Sockelzone bezeichnet den Apostel als S.ANDEREAS.3


Motive der oberrheinischen Apostelserie

Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Jesus Christus in einer Arkade mit geflügelten Puttenköpfen in den Zwickeln
graphitiert, Anfang 17. Jh., H. 22,1 cm, Br. 18,0 cm

Frankfurt a. Main, Historisches Museum, Inv.-Nr. X364
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Andreas in Arkade mit Putten mit Arma Christi
graphitiert, letztes Drittel 17. Jh., H. 22,5 cm, Br. 17,7 cm

Rastatt, Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Zentrales Funddepot, Inv.-Nr. 2015-035-055, urspr. Maulbronn, Herrendorment
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Jakobus in Arkade mit bogenhaltenden Putten
dunkelbraun glasiert, letztes Drittel 17. Jh.

München, Bayerisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. KER 1166
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Johannes in Arkade mit bogenhaltenden Putten
grün glasiert, letztes Drittel 17. Jh., H. 23,0 cm, Br. 19,9 cm

Waldkirch, Elztalmuseum, Inv.-Nr. H 1744
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Philippus in Arkade mit bogenhaltenden Putten
grün glasiert, letztes Drittel 17. Jh., H. 22,0 cm, Br. 18,5 cm

Offenburg, Museum im Ritterhaus, Inv.-Nr. 3830
Fragment des Models des Innenfeldes einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Philippus
unglasiert, letztes Drittel 17. Jh., H. 18,0 cm, Br. 9,5 cm

Straßburg, Musée Historique, Inv.-Nr. 10532
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Bartholomäus in Arkade mit bogenhaltenden Engeln
dunkelbraun glasiert, 17. Jh., H. 22,2 cm, Br. 18,7 cm

Rastatt, Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Zentrales Funddepot, Inv.-Nr. 1995-29-048, urspr. Meßkirch, Schloss
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Bartholomäus in Arkade mit Putten mit Arma Christi
dunkelgrün glasiert, 17. Jh., H. 23,0 cm, Br. 18,0 cm

Saverne, Musé d'Art et d'Histoire de Saverne
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Thomas in Arkade mit bogenhaltenden Putten
grün glasiert, 17. Jh., H. 22,5 cm, Br. 18,5 cm

Saverne, CRAMS, urspr. Wangenburg
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Matthäus in Arkade mit bogenhaltenden Putten
grün glasiert, 17. Jh., H. 22,0 cm, Br. 18,0 cm

Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. A1194
Moderne Ausformung einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Jakobus in Arkade mit bogenhaltenden Putten
unglasiert, Anfang 20. Jh., H. 23,5 cm, Br. 18,7 cm

Karlsruhe, Badisches Landesmuseum, Inv.-Nr. C32
Fragment einer über Eck geführten Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Judas Thaddäus in Arkade mit sitzenden Putten mit Arma Christi in Wellenrand
dunkelbraun glasiert, 17. Jh., H. 26,5 cm, Br. 25,0 cm

Würzburg, Museum für Franken
Andachtsbild aus der Serie der oberrheinischen Apostel mit Simon
unglasiert, Beginn 20. Jh., H. 15,0 cm, Br. 8,2 cm

Rothenburg o.d. Tauber, Töpferei Ehler
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Matthias in Arkade mit Putten mit Arma Christi
graphitiert, letztes Drittel 17. Jh., H. 22,7 cm, Br. 18,5 cm

Rastatt, Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Zentrales Funddepot, Inv.-Nr. 2015-035-055, urspr. Maulbronn, Herrendorment
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Paulus Arkade mit sitzenden Putten mit Arma Christi in Wellenrand
grün glasiert, 17. Jh., H. 22,4 cm, Br. 18,4 cm

Saverne, CRAMS, urspr. Wangenburg
Fragment des Models einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit der Kreuzigung in einer Arkade mit Putten mit Arma Christi
unglasiert, 17. Jh., H. 25,0 cm, Br. 20,5m

Saverne, Musé d'Art et d'Histoire de Saverne, Inv.-Nr. ED 166a
Fragment des Models einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit der Kreuzigung in einer Arkade mit bogenhaltenden Putten
unglasiert, 1685, H. 24,5 cm, Br. 20,0 cm

Hauguenau, Musée Historique
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Madonna in Arkade mit bogenhaltenden Putten
grün glasiert, ausgehendes 17. Jh., H. 21,3 cm, Br. 17,2 cm

Villingen, Franziskanermuseum, Inv.-Nr. II a 55

In Entsprechung zu zahlreichen Stichvorlagen lässt sich am Ende des 16. und im gesamten 17. Jahrhundert eine Vielzahl von Apostelserien auf Werken der Kachelkunst nach­weisen. Die Bildfolgen setzen sich meist aus dreizehn Kacheln zusammen. Sie zeigen Chris­tus und die zwölf Apostel. Die Innenfelder können mit Nummern gekenn­zeichnet sein. Die Nummerierung richtet sich nach der Aufzählung bei Matthäus 10,2-4.4 Die bekannteste Serie mit stehenden Aposteln wurde von Hans Berman nach Vorlagen von Hans Sebald Beham (1500-1550) gearbeitet (Typ A).5 Heinz-Peter Mielke weist die Kachelfolge dem zwischen 1550 und 1555 entstandenen Frühwerk des hessischen Haf­ners zu. 6 In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde in Südwestdeutschland die lineare Falten­führung auf den Reliefs von Hans Berman durch eine eigenständige, wesentlich komplexere Formgebung ersetzt (Typ B). Dies erkennt man beispielsweise auf den gemalten Aposteldarstellungen des im Jahre 1586 für die Abtei St. Peter im Schwarzwald gefertigten Ofens des Villinger Kunsthafners Hans Kraut.7

Für den Oberrhein können drei Apostelserien angeführt werden, die ausschließlich in Detailformen der Rahmenarchitektur voneinander abweichen (Typ C). Diesem ist auch die hier vorgestellte Kachel aus Maulbronn zuzuweisen. Die Innenfelder stimmen bis auf die Einbindung einer Hintergrundarchitektur überein. Als Vorlage diente eine zwölfblättrige, querformatige Kupferstichfolge, die Hendrik Goltzius (1558-1617) nach Marten de Vos (1532-1603) schuf. 8 Der gelernte Glasmaler Hendrik Goltzius war hauptsächlich in Haarlem tätig. Über sein Leben und Werk berichtet Carel van Mander in dem 1604 erschienenen »Schilder-boeck«. Hendrik Goltzius arbeitete anfangs in der Werkstatt von Dirck Volkertszoon Coorthert, bekam Aufträge von Philip Galle und war mit der Tochter von Jacob Matham verheiratet. Damit war er von Anfang an in den Kreis jener Künstler eingebunden, deren manieristische Kupferstiche sich auch im deutschsprachigen Raum großer Beliebtheit erfreuten. Entsprechend seiner Ausbildung sind die Gemälde und Graphiken von Goltzius von einem zeichnerischen Stil mit klar abgesetzten Konturen bestimmt. Seine größte Berühmtheit erlangte Goltzius durch die Druckgraphiken, die er von zahl­reichen Nachstechern in seinen Diensten fertigen ließ.9 Goltzius war um die Angleichung seines Werkschaffens an den Stil großer Meister wie Dürer und Lucas van Leyden bemüht. Seine Leistung beruht weniger in der Ausbildung eines individuellen, weg­weisenden Stils als im Bündeln und Optimieren bekannter Formen.


Graphische Vorlagen der oberrheinischen Apostelserie

Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Jesus Christus (1)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.
Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Petrus (2)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.
Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Andreas (3)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.
Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Jacobus d. Ä. (4)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.
Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Johannes (5)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.
Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Thomas (6)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.
Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Jacobus d. J. (7)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.

Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Philippus (8)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.

Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Bartholomäus (9)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.

Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Matthäus (10)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.
Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Judas Thadäus und Simon Zelotes (11)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.
Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Paulus (12)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.
Serie mit dem Martyrium Christi und der zwölf Apostel: Matthias (13)

Kupferstich von Hendrick Goltzius nach Maarten de Vos, Ende 16. Jh.

Die Apostel auf den Goltzius-Stichen weisen in der Grund­konzeption und in der Anord­nung ihrer Attribute Bezüge zum Werk Martin Schongauers auf, doch zeigt schon die Einbin­dung in einen szenischen Zusammenhang die Weiter­entwicklung des Bildthemas. Die Apostel stehen jeweils leicht erhöht auf einem Podest am Bildrand. Sie setzen sich damit als annähernd bildfüllende Ganzfiguren von den Szenen im Hintergrund ab. Vor einer Stadtsilhouette mit antikisierenden Bauten erkennt man das jeweilige Martyrium. Der ganzfigurige Apostel am Bildrand scheint vom Geschehen isoliert zu sein, doch hinterfängt ihn die Szene wie ein Theaterprospekt und schafft damit einen unmit­telbaren Bezug zum Hintergrund. Zudem nimmt er Blickkontakt mit der Schilderung seiner Martern auf. Der Apostel ist jeweils auf Kopfhöhe bezeichnet. Im Bildsockel erkennt man neben einer zweizeiligen Würdigung seiner Person eine Ziffer. Sie bezieht sich auf die Stellung des Apostels in der Apostelabfolge nach Matthäus. Bei der Umsetzung in das Keramikrelief wurde die Figur von der Hintergrundszene isoliert und getreu der Vorlage fast vollstän­dig übernommen. Allzu differenzierte Detailformen wurden hingegen vereinfacht. Zur besseren Lesbarkeit hob man die Attribute durch Vergrößerung hervor.

In Anlehnung an die Kupferstichfolgen wurde die oberrheinische Apostelserie durch das Hinzu­fügen des Apostels Paulus als dreizehnten Apostel erweitert. Hinzu kommen Kreuzigung10 und Madonna. Die fünfzehnteilige Serie kann in drei Fällen mit Varianten aufwarten.11 Insgesamt sind achtzehn unterschiedliche Innenfelder dieser Serie zuzuweisen.


Rahmenvarianten der oberrheinischen Apostelserie

Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem Apostel Bartholomäus in Arkade mit sitzenden Engeln  (Rahmentyp C1a)
dunkelbraun glasiert, 17. Jh., H. 22,2 cm, Br. 18,7 cm

Rastatt, Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Zentrales Funddepot, Inv.-Nr. 1995-29-048, urspr. Meßkirch, Schloss
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Thomas in einer Arkade mit fliegeden Putten in den Zwickeln (Rahmentyp C1b)
weiß behautet, Ende 17. Jh., H. 21,0 cm, Br. 18,0 cm

Staufen, Stadtmuseum im Rathaus
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Matthias in Arkade mit Putten mit Arma Christi (Rahmentyp C2a)
graphitiert, letztes Drittel 17. Jh., H. 22,7 cm, Br. 18,5 cm

Rastatt, Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Zentrales Funddepot, Inv.-Nr. 2015-035-055, urspr. Maulbronn, Herrendorment
Fragment einer über Eck geführten Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Judas Thaddäus in Arkade mit sitzenden Putten mit Arma Christi in Wellenrand (Rahmentyp C2b)
dunkelbraun glasiert, 17. Jh., H. 26,5 cm, Br. 25,0 cm

Würzburg, Museum für Franken
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Jesus Christus in einer Arkade mit geflügelten Puttenköpfen in den Zwickeln (Rahmentyp C3)
graphitiert, Anfang 17. Jh., H. 22,1 cm, Br. 18,0 cm

Frankfurt a. Main, Historisches Museum, Inv.-Nr. X364
Moderne Ausformung einer Blattkachel mit der Serie der oberrheinischen Apostel: Simon in Arkade mit fruchtgebindehaltenden Putten der Serie der Elemente vom Typ Saumarkt  (Rahmentyp C4)
unglasiert, 20. Jh., H. 31,0 cm, Br. 24,0 cm

Basel, Historisches Museum, Inv.-Nr.: GM 94 537
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Jakob in einer Arkade mit Pinienzapfen über Vasenwerk (Rahmentyp C5)
grün glasiert, Ende 17. Jh., H. 29,5 cm, Br. 27,0 cm

Feuchtwangen, Fränkisches Museum
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit der Kreuzigung in einer Arkade mit Hiob und Samson (Rahmentyp C6)
dunkelbraun glasiert, nach 1655, H. 29,5 cm, Br. 24,0 cm

Coburg, Kunstsammlung Veste Coburg, Inv.-Nr XXI 634
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit Matthias in Arkade mit Verkündigung (Rahmentyp C7)
grün glasiert, nach 1658, H. 27,0 cm, Br. 25,0 cm

Wien, Museum für angewandte Kunst
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit der Kreuzigung in einer Arkade mit König David und Johannes dem Täufer (Rahmentyp C8)
graphitiert, nach 1603

Straßburg, INRAP
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel: Paulus in einer Arkade mit Evangelisten, Moses und Aaron (Rahmentyp C9)
dunkelbraun glasiert, 17. Jh., H. 36,0 cm, Br. 28,0 cm

Esslingen, Stadtmuseum , Inv.-Nr. IMV 6

Über FurnArch und FurnLit ließen sich neun Rahmenvarianten ermitteln. Die Basis der Erhebung bildete die Sichtung der 1382 in FurnArch (Stand August 2020) erfassten Kachelfragmente der Motivgruppe.

Rahmenformen mit der oberrheinischen Apostelserie: 1: Typ C1; 2: Typ C 1a (Zwickel mit gedrückten Putten); 3: Typ C 1b (Zwickel mit fliegenden Pullen); 4: Typ C2; 5: Typ C3 (Zwickel mit Puttenköpfen). Bei der Mehrzahl der Kacheln aus den oberrheinischen Apostelserien mit armlosen Wächterfiguren sind die Kassettierungen der Postamente mit Akanthusrosetten besetzt. Die Engel in den Zwickeln verstehen sich als Haltefiguren für das zentrale Rollwerk (Typ C1a).12 Eine Variante mit Putten mit ausgebreiteten Schwingen ist für Staufen im Breisgau belegt (Typ C1b).13 Ebenfalls weit verbreitet ist die Arkade mit löwenkopfbesetzten Sockeln, mit einer Sonne im Bogenscheitel sowie mit Kreuz und Schwert haltenden, sitzenden Putten (Typ C2a).14 Diesem Rahmentyp ist auch die hier vorgestellte Kachel aus Maulbronn zuzuweisen.  Eine Variante weist zusätzlich zu dem etwas verkleinerten Relief einen rechteckig um das Bildfeld geführten, wellenbandbesetzten Rahmen auf (Typ C2b). Bei einer weiteren Modifikation der Apostelserie mit armlosen Wächterfiguren weist der Bogen mit einer eierstabbesetzten Laibung im Scheitelpunkt eine nach unten blickende Frauenmaske auf. Die Zwickelfelder sind mit überdimensionalen Putten­köpfen besetzt (Typ C3). Die Arkade mit fruchtgebindehaltenden Putten, wie sie für die Elementeserie Typ Saumarkt geläufig ist, kann in ihren Innenfeldern ebenfalls mit der oberrheinischen Apostelfolge bestückt sein (Typ C4). Eher in Bayern beheimatet ist die Einfassung der Motivfolge in pinienzapfenbesetztem Kandelaberdekor (Typ C5).

Die weiteren Rahmenvarianten zeichnen sich durch einen vielfigurigen Besatz aus. Typisch für Süddeutschland ist eine mit „16 GS 55“ datierte Arkade mit den Assistenzfiguren Hiob und Samson. Die Zwickelfelder sind in dem Typ C2 nachgebildet (Typ C6). Bislang nur für Österreich belegt ist die Einbindung einer Verkündigungsserie in einen auf das Jahr 1658 datierten Rahmen (Typ C7). Eine weitere, eher in Südwestdeutschland zu verortende Rahmenvariante setzt sich die Arkade aus einem hohen Sockel mit Beschlagwerkkartusche mit der Inschrift „16 HG 003“, König David mit Harfe sowie Johannes dem Täufer mit Lamm und Kreuzstab als Pfeilerfiguren und palmwedelhaltenden, sitzenden, geflügelten Frauen in den Zwickeln zusammen (Typ C8). Ähnlich wie bei dem Rahmen mit fruchtegebindehaltenden Putten vom Typ C4 dürfte die überreich dekorierte Arkade mit den sitzenden Evangelisten sowie mit Moses und Aaron nur im Ausnahmefall mit Reliefs aus der oberrheinischen Apostelserie bestückt worden sein (Typ C9). Deutlich beliebter war die Vergesellschaftung des letztgenannten Rahmens mit der Serie der Untugenden.

Verbreitung der Serie der oberrheinischen Apostel. Quadrat: Rahmen mit Arma Christi, Dreieck: Rahmen mit bogenhaltenden Putten, Stern: beide Rahmentypen, Kreis: unklar. Karte: Sabrina Bachmann, HeimbuchenthalDie oberrheinische Apostelserie, flankiert von armlosen Hermenpfeilern (Typ C1-C3) war am gesamten Oberrhein verbrei­tet. Sie strahlte von dort bis nach Oberbayern aus. In Bayern und Österreich bevorzugte man andere Rahmenformen (Typ C6-C7). Das Motiv wurde sowohl in formgebenden Töpfereien wie jenen in Weyersheim/Elsass und Villingen als auch in Ortshafnereien wie derjenigen im Bereich der Alten Markthalle in Ettlingen produziert. Formgebend dürfte jedoch nicht nur der Oberrhein gewesen sein. Darauf verweist die Innenfeldpatrize mit Kreuzigung aus dem Werkstattbruch im Bereich des Alten Krankenhauses in Ingolstadt.15 Die Streuung der Model steht im Gegensatz zu der These, dass die Oberrheinische Apostelserie dem Werkschaffen des in Villingen tätigen Hans Kraut zuzuschreiben ist.16

Stilistisch kann die oberrheinische Apostelserie ins ausgehende 16. Jahrhundert datiert werden. Nach bisherigem Dafürhalten dürften die graphischen Vorlagen von Hendrick Goltzius um 1600 gefertigt worden sein. Sicher sind Unwägbarkeiten zu beachten, um auf dieser Grundlage den terminus post quem in die Zeit um 1600 festzulegen. So ist es beispielsweise noch nicht gelungen, die malerischen Vorlagen der Apostelserie, die Goltzius maßgeblich zu seinen Druckgraphiken inspiriert haben dürfte, aufzufinden. Dass in die Rahmen vom Typ C1 bis C3 Versatzstücke der Formensprache der 1593 veröffentlichten Säulenordnung des Wendel Dietterlin (1550-1599) Eingang fanden, darf in diesem Zusammenhang nicht verwundern. Noch nach 1610 griff der in Frankfurt ansässige Johannes Vest bei seinen furnologischen Kreationen mehrfach auf diesen Formenschatz zurück. Auch ist nicht auszuschließen, dass die in der Goltzius´schen Bildfolge nicht enthaltenen Motive der Serie (Kreuzigung, Maria) älteren Ursprungs sind.

Sophie Stelze-Hüglin sprach sich in ihrer 1999 vorgelegten Dissertation in Anlehnung an Eva Kaiser17 für eine deutlich frühere Nutzung der Motivfolge aus.18 Sie untermauert ihren Datierungsansatz an einem Fragment mit der Kreuzigung (Oberrheinische Apostelfolge 14) aus der Salzstraße 20 in Freiburg/Breisgau. Das Innenfeldfragment lag in einer Strate, die vom Ausgräber zwischen 1560 und 1600 datiert wird.

Die auf den Rahmen ablesbaren Jahreszahlen 1603 (Typ C8), 1655 (Typ C6) und 1658 (Typ C7) weisen ebenso wie die rückseitigen Datierungen von Kachelmodel der Serie in die Jahre 1655 (Weyersheim), 1669 (Karlsruhe) und 1685 (Haguenau) darauf hin, dass die Bildfolge eher in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts verstärkt nachgefragt wurden.19 Entsprechendes lässt sich auch im Verbrauchermilieu belegen: Den terminus ante quem bilden dort die Zer­störungen der Burg Rötteln 1678, der Hochburg bei Emmendingen 1684/89, der Töpferei in der Alten Markthalle in Ettlingen 1689 und des Saumarkts in Karlsruhe-Durlach 1689.20 In Straten, die in einen Zusammenhang mit den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges gebracht werden können, sucht man die Bildfolge hingegen vergebens.

Im Kloster Maulbronn dürfte ein Kombinationsofen gestanden haben, in dem mindestens ein Register mit der oberrheinischen Apostelserie bestückt war. Der Nachweis von zehn unterschiedlichen Innenfeldreliefs der im Kern dreizehnteiligen Serie lässt in Maulbronn eine vollständige Bildfolge erwarten.21 Aus dem Kontext kann nicht abgeleitet werden, warum Matthäus mindestens viermal sowie Judas Thaddäus und Matthias jeweils mindestens zweimal in den Ofenkörper eingebunden waren. Über das ursprüngliche Aussehen eines mit Apostelkacheln bestückten Ofens ist man aufgrund von zwei erhaltenen Exemplaren aus Teningen bei Emmendingen22, Wülfingen23 sowie eines Straßburger Ofenmodells24 vergleichsweise gut unterrichtet. Für einen weiteren Ofen vom Saumarkt in Karlsruhe-Durlach gibt die zeichnerische Rekonstruktion eine Vorstellung über die dortige Platzierung des Motivs.25


Christus aus der oberrheinischen Apostelserie – von der Patrize zur Ofenkachel

Fragment der Patrize des Innenfelds einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Christus
unglasiert, Anfang 17. Jh., H. 16,3 cm, Br. 8,4 cm

Villingen, Franziskanermuseum, Inv.-Nr. 01358 (272)

Fragment der Patrize des Innenfelds einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Christus, unglasiert, Anfang 17. Jh., H. 18,0 cm, Br. 11,0 cm, Hauguenau, Musée Historique
Fragment der Patrize des Innenfelds einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Christus
unglasiert, Anfang 17. Jh., H. 18,0 cm, Br. 11,0 cm

Hauguenau, Musée Historique
Fragment der Patrize des Innenfelds einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Christus, unglasiert, Anfang 17. Jh., H. 18,0 cm, Br. 11,0 cm, Hauguenau, Musée Historique
Fragment des Models des Innenfelds einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Jesus Christus
unglasiert, Anfang 17. Jh., H. 17,3 cm, Br. 8,4 cm

Villingen, Franziskanermuseum, Inv.-Nr. 01358 (II b 1)
Fragment des Models einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Jesus Christus
grün glasiert, 17. Jh., H. 21,6 cm, Br. 17,2 cm

Villingen, Franziskanermuseum, Inv.-Nr. 11251 (II a 11)
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Jesus Christus in einer Arkade mit knienden Putten von Typ 1, dunkelbraun glasiert, Anfang 17. Jh., Rothenburg o. T., Reichsstadtmuseum
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Jesus Christus in einer Arkade mit knienden Putten von Typ 1
dunkelbraun glasiert, Anfang 17. Jh.

Rothenburg o. T., Reichsstadtmuseum
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Jesus Christus in einer Arkade mit knienden Putten von Typ 1, dunkelbraun glasiert, Anfang 17. Jh., Rothenburg o. T., Reichsstadtmuseum
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Jesus Christus in einer Arkade mit Putten mit den Arma Christi von Typ 2, unglasiert, Ende 17. Jh., Ettlingen, Albgaumuseum, urspr. Ettlingen, Alte Markthalle, Töpferkeller
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Jesus Christus in einer Arkade mit Putten mit den Arma Christi von Typ 2
unglasiert, Ende 17. Jh.

Ettlingen, Albgaumuseum, urspr. Ettlingen, Alte Markthalle, Töpferkeller
Fragment einer Blattkachel der Serie der oberrheinischen Apostel mit dem segnenden Jesus Christus in einer Arkade mit Putten mit den Arma Christi von Typ 2, unglasiert, Ende 17. Jh., Ettlingen, Albgaumuseum, urspr. Ettlingen, Alte Markthalle, Töpferkeller

Weiterführende Literatur:

Appuhn-Radtke, Sibylle; Kayser, Eva (1986): Keramik. In: Irmela Franzke (Hg.): Die Renaissance im deutschen Südwesten zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg, Bd. 2. Karlsruhe, S. S. 879, Kat.-Nr. S 41.

Hagn, Herbert; Thiele, Roland (2002): Ein Villinger Apostelofen des Hans Kraut (1532-1592) in Neuburg a.d. Donau. In: Das Archäologische Jahr in Bayern, S. 138–140.

Rosmanitz, Harald (1996): Kunst als Dutzendware. Eine frühbarocke Kachelserie aus dem Oberrheintal. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Nachrichtenblatt des Landesdenkmalamtes 25, S. 140–147.

Rosmanitz, Harald (2000): La série d´apôtres. Réflexions sur la fabrication, la distribution et la datation. In: Annick Richard und Jean-Jaques Schwien (Hg.): Archéologie du poêle en céramique du Haut Moyen Âge à l’époque moderne. Technologie, décors, aspects culturels. Actes de la table ronde de Montbéliard 23-24 mars 1995. Dijon (Revue Archéologique de l´Est 5), S. 101–113.

Stelzle-Hüglin, Sophie (1999): Von Kacheln und Öfen. Untersuchungen zum Ursprung des Kachelofens und zu seiner Entwicklung vom 11.-19. Jahrhundert anhand archäologischer Funde aus Freiburg im Breisgau. Freiburg i. Br. (Freiburger Dissertationen 8), S. 125-133.


© Harald Rosmanitz, Partenstein 2020


  1. Maulbronn 2015-35, Schnitt 4/5 Fläche 3-4; Befund 1137. Bislang wurde von diesem Fundkomplex lediglich der Torso eines stehenden Jesuskinds publiziert (Gerald Volker Grimm, Harald Rosmanitz, VII.9 Fragment eines Jesuskindes, in: Peter Rückert (Hg.), Freiheit – Wahrheit – Evangelium. Reformation in Württemberg, Ostfildern 2017, S. 262–263).
  2. Brigitta Rabold und Folke Damminger, beide Archäologische Denkmalpflege, Landesamt für Denkmalpflege, Dienstsitz Karlsruhe, stellten das Material dankenswerterweise zur Erfassung zur Verfügung.
  3. Auf der Kachel in Maulbronn ist davon nur noch „…REAS“ zu entziffern.
  4. Zählung nach Matthäus 10,2-4: Simon Petrus (1), Andreas (2), Jacobus (3), Johannes Ev. (4), Philippus (5), Bartholomäus (6), Thomas (7), Matthäus (8), Jacobus (9), Judas (10), Simon (11), Matthias (12). Die Figur des Judas Ischarioth wurde durch den nach der Himmelfahrt Christi in die Reihe der Apostel aufgenommenen Matthias ersetzt.
  5. Heike Lasch, Wärme und Raumschmuck. Verzierte Ofenkacheln des 16. und 17. Jahrhunderts aus dem ehemaligen Schloss in Nidderau-Windecken, in: Denkmalpflege & Kulturgeschichte (2003), S. 43–46, S. 44, Abb. 2; Heinz-Peter Mielke, Ein hessischer Hafner und sein Werk. Hans Berman, in: Kunst in Hessen und am Mittelrhein 21 (1982), S. 23–52, S. 37-38; Heinz-Peter Mielke, Das Geschäft vor dem Geschäft mit der Ofenkachel. Eine Reverenz an den Tagungsort Wittenberg, in: Hans-Georg Stephan (Hg.), Keramik und Töpferei im 15./16. Jahrhundert. Beiträge des 47. Internationalen Symposiums für Keramikforschung (Hallesche Beiträge zur Archäologie des Mittelalters Bd. 2), Langenweißbach 2016, S. 118–125, S. 123, Abb. 6; Konrad Strauss, Die Kachelkunst des 15. bis 17. Jahrhunderts in europäischen Ländern. III. Teil, München 1983, Taf. 41.1-5, 44.1-2,47, 92.1-3.
  6. Mielke 1982 (wie Anm. 5), S. 24, 36-38, Abb. 28-32
  7. Bettina Bombach-Heidbrink, Wiederaufbau des Renaissanceofens von Hans Kraut in der Dauerausstellung des Badischen Landesmuseums Karlsruhe, in: Georg Ulrich Großmann (Hg.), Heiß diskutiert – Kachelöfen. Geschichte, Technologie, Restaurierung (Veröffentlichung des Instituts für Kunsttechnik und Konservierung im Germanischen Nationalmuseum Bd. 9), Nürnberg 2011, S. 125–132; Josef Fuchs, Kunstschätze aus Villingen, Stuttgart 1969; Eva Kayser, Der Villinger Kunsthafner Hans Kraut. 1532 bis ca. 1592, in: Geschichts- und Heimatverein Villingen 12 (1987/88), S. 38–46; Karl Kornhas, Hans Kraut und seine Werke, in: Heimat und Handwerk 5 (1925), S. 40–44; Karl Kornhas, Einiges über Hans Kraut und seine Werke, in: Keramische Rundschau und Kunst-Keramik 34 (1926), S. 477–480; Christian Roder, Zur Lebensgeschichte des Hans Kraut von Villingen, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins (1907), S. 369–380; Christian Roder, Zur Lebensgeschichte des Hans Kraut von Villingen, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins (1908), S. 357–361; Konrad Strauss, Der Kunsthafner Hans Kraut in Villingen und seine Werke. I. Der Ofen im Britischen Museum zu London, in: Altes Kunsthandwerk 1 (1928), S. 215–219; Konrad Strauss, Die Kachelkunst des 15. und 16. Jahrhunderts in Deutschland, Österreich und der Schweiz. I. Teil., Straßburg 1966, Taf. 73-74; Alfred von Walcher Molthein, Der Kunsthafner Hans Kraut in Villingen und seine Werke. II. Beiträge zur Würdigung des Hafners Kraut und seiner Werke, in: Altes Kunsthandwerk (1928), S. 215–223
  8. Harald Rosmanitz, Kunst als Dutzendware. Eine frühbarocke Kachelserie aus dem Oberrheintal, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Nachrichtenblatt des Landesdenkmalamtes 25 (1996), S. 140–147, S. 142, Abb. 4
  9. Jürgen Müller, Petra Roettig, Andreas Stolzenburg (Hg.), Die Masken der Schönheit. Hendrick Goltzius und das Kunstideal um 1600, Hamburg 2002
  10. Die Einbeziehung der Kreuzigung ist auch für die Bermanserie nach Vorlagen von Hans Sebald Beham belegt (Mielke 1982 (wie Anm. 5), S. 33-36, Abb. 18-27).
  11. Dies gilt für Philippus (5) und Bartholomäus (6) ebenso wie für die Kreuzigung (14).
  12. Rosmanitz 1996 (wie Anm. 8), S. 142-143, Abb. 5.2
  13. Rosmanitz 1996 (wie Anm. 8), S. 142-143, Abb. 5.1
  14. Rosmanitz 1996 (wie Anm. 8), S. 142-143, Abb. 5.4
  15. Ruth Sander, Eine Hafnerei in der Sebastianstraße, in: Stadtmuseum Ingolstadt (Hg.), Archäologie Aktuell – Ausgrabungen in Ingolstadt, Büchenbach 2016, S. 21–40, S. 28, Abb. 19
  16. Sophie Stelzle-Hüglin, Von Kacheln und Öfen. Untersuchungen zum Ursprung des Kachelofens und zu seiner Entwicklung vom 11.-19. Jahrhundert anhand archäologischer Funde aus Freiburg im Breisgau, Bd. 8, (Freiburger Dissertationen) Freiburg i. Br. 1999, S. 133
  17. Sibylle Appuhn-Radtke, Eva Kayser, Keramik, in: Irmela Franzke (Hg.), Die Renaissance im deutschen Südwesten zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg, Karlsruhe 1986, S. 845–884, S. 879, Kat. Nr. S 41
  18. Stelzle-Hüglin 1999 (wie Anm. 16), S. 130-133
  19. Der Gruppe der Innenfeldausformungen gehört eine Relieftafel an, die heute im Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart aufbewahrt wird (Stuttgart, WLM, Inv. Nr. 14322b). Die grün glasierte Keramikplatte mit halbrundem, oberem Abschluss ist mit einem großformatigen Relief mit Kreuzigungsgruppe besetzt. Die Szene ist von geflügelten Puttenköpfen, antiken Göttern, einer Madonna und einem Bischof flankiert. Die Sockelzone enthält neben der eingeritzten Jahreszahl »1688« die Abformung von drei Aposteln aus der oberrheinischen Serie: Bartholomäus, Matthäus und Paulus. Die Tafel dürfte aufgrund ihres Bildprogramms als privates Andachtsbild gedient haben. Ein vergleichbares Relief mit dem segnenden Christus, Johannes und der Kreuzigungsgruppe stammt von dem Mellinger Hafner Johannes Leht. Es ist inschriftlich in das Jahr »1677« datiert (Karl Frei, Zur Geschichte der aargauischen Keramik des 15. bis 19. Jahrhunderts. Steckborner Öfen im Aargau, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde 33 (1931), S. 73–202, S. 107, Abb. 23).
  20. Harald Rosmanitz, Die frühbarocken Plattenöfen aus dem Haus eines Kaufmanns in Karlsruhe-Durlach. Zur Frage der Rekonstruktion und Motivwahl, in: Werner Endres (Hg.), Zur Regionalität der Keramik des Mittelalters und der Neuzeit. Beiträge des 26. Internationalen Hafnerei-Symposiums (Denkmalpflege und Forschung in Westfalen Bd. 32), Bonn 1995, S. 125–142
  21. Für Maulbronn sind nachgewiesen: Christus, Petrus, Andreas, Jacobus, Philippus, Thomas, Matthäus, Judas Thaddäus, Simon und Matthias
  22. Freiburg i. Br., Augustinermuseum, Inv. Nr. 12822. Der Ofen wurde am 8. Mai 1919 von Jakob Durlacher in Kippenheim zusammen mit zahlreichen weiteren Kacheln angekauft. Er stand ursprünglich in Teningen bei Emmendingen, wurde dort von Mitarbeitern des Museums abgebrochen und bei seiner Neuaufstellung 1922/23 mit gleichartigen Kacheln aus den Museumsbeständen ergänzt. Er setzt sich aus 53 Apostelkacheln (5x Petrus, 4x Andreas, 1x Jakobus, 3x Johannes, 1x Thomas, 7x Matthäus, 1x Jakobus, 8x Judas, 8x Simon, 9x Paulus, 6x Kreuzigung) zusammen.
  23. Ueli Bellwald, Winterthurer Kachelöfen. Von den Anfängen des Handwerks bis zum Niedergang im 18. Jahrhundert, Bern 1980, S. 258, Kat. Nr. 49
  24. Appuhn-Radtke, Kayser 1986 (wie Anm.), S. 886, Kat. Nr. S 22; Harald Rosmanitz, La série d´apôtres. Réflexions sur la fabrication, la distribution et la datation, in: Annick Richard, Jean-Jaques Schwien (Hg.), Archéologie du poêle en céramique du Haut Moyen Âge à l’époque moderne. Technologie, décors, aspects culturels. Actes de la table ronde de Montbéliard 23-24 mars 1995 (Revue Archéologique de l´Est Bd. 5), Dijon 2000, S. 101–113, Farbtafel 9. Der zweistufige Oberofen ist mit Kacheln der Evangelistenserie (Typ C1a) besetzt. Eva Kaiser spricht die Innenfelder irrtümlich als Aposteldarstellungen an.
  25. Rosmanitz 1996 (wie Anm. 8), S. 141, Abb. 2